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Sammelsurium zum Thema Löten

Artikel aus dem Jahr 2005, bezieht sich auf bleihaltige Lote und wird auch nicht mehr überarbeitet!

Als Lot verwendet man in der Regel eine Legierung aus verschiedenen Metallen. Der Hintergrund ist, daß bei Legierungen und Lösungen der Erstarrungspunkt tiefer liegt als bei jedem einzelnen Bestandteil. Am Beispiel von Wasser: Der Gefrierpunkt ist ca. 0°C. Löst man etwas Salz im Wasser auf, so sinkt die Erstarrungstemperatur. Deshalb verwendet man im Winter Streusalz.

Eine eutektische Legierung, auch Eutektikum, hat einen konstanten Schmelz- bzw. Erstarrungspunkt. Nochmal das Beispiel von Wasser: Je höher die Temperatur ist, um so mehr Salz läßt sich im Wasser auflösen. (Bei Kochsalz ist diese Abhängigkeit nur gering, bei Kaliumnitrat oder Salmiak sehr groß.) Kühlt man eine gesättigte Salzwasserlösung wieder ab, fällt nach und nach das Salz aus. Bei dem sich ergebenden Erstarrungspunkt geht die restliche, exakt gesättigte Lösung gleichzeitig in den festen Zustand über, ohne sich noch weiter in Salz und Wasser zu zerlegen. Bei Kochsalz ist der eutektische Punkt -22°C bei einer Lösung von 30,9g Salz in 100g Wasser.

Im Fall von bleihaltigem Lot sind die Stoffe nun Zinn, Blei und Kupfer. Die Legierung von Zinn und Blei ergibt den niedrigen Schmelzpunkt von ca. 185°C. Der Kupferanteil sorgt dafür, daß sich beim Löten die Kupferleiterbahn nicht so schnell auflöst. Ein evtl. vorhandener Silberanteil bewirkt, daß der Schmelzpunkt nochmal etwas niedriger liegt. Das Lot soll etwas besser fließen und die Lötstellen glänzen

Eine eutektische Legierung ist nur bei einem ganz bestimmten Mischungsverhältnis möglich. Im kalten Zustand stellt sie eine sehr homogene Mischung von feinen Kristallen dar. Die Oberfläche ist glatt und blank. Wird die Schmelze verunreinigt, indem z.B. etwas aus den Anschlußbeinchen der Bauelemente ausschmilzt, verändert sich das Verhältnis. Einer der Stoffe wird nun zuerst ausfallen und erstarren bevor die Lötstelle fest wird. Es schwimmen jetzt also kleine Kristalle in der Schmelze herum. Das bewirkt, daß das Lot zu einer Art "Brei" wird. Jede Erschütterung während der Abkühlphase führt dazu, daß die Oberfläche der erkalteten Lötstelle nicht mehr glänzend, sondern matt und uneben aussieht. Auch die mechanischen und elektrischen Eigenschaften sind nicht mehr perfekt. Im schlimmsten Fall ist die Verbindung hochohmig oder der Anschlußdraht läßt sich aus der Lötstelle rausziehen. Man nennt das eine "kalte" Lötstelle.

Um die Verwirrung komplett zu machen: Nicht alle Lote sind eutektisch. Es gibt dann einen kleinen Temperaturbereich zwischen Schmelz- und Erstarrungspunkt. Trotzdem bewirken die oben beschrieben Verunreinigungen ein schlechteres Lötergebnis, weil dieser Temperaturbereich dadurch größer wird.

Im dse-faq.elektronik-kompendium.de finden sich ein paar Angaben zur Leitfähigkeit von verschiedenen Metallen und Loten:

Material spez. Widerstand in Ohm*mm2/m
Silber 0,0167
Kupfer 0,0179
LötzinnSn60Pb38Cu20,086
LötzinnSn60Pb400,2

Bezeichnungen

Die üblichen Kurzbezeichnungen von Lötdraht geben Aufschluß über die Zusammensetzung. Zum Beispiel L-Sn60Pb38Cu2. Das L steht dabei einfach für Lot. Sn ist das chemische Zeichen für Zinn, Pb für Blei, Cu für Kupfer und Ag für Silber. Die folgende Zahl ist die prozentuale Gewichtsangabe. Hier also 60% Zinn (Sn60) und 2% Kupfer (Cu2), der Rest ist Blei.

Die Angabe zum Flußmittel (engl. flux) wird gelegentlich mit F gekennzeichnet. F-SW32 bedeutet Schwermetall und Weichlöten, die angehängte Zahl gibt Aufschluß über die Zusammensetzung und Art der Rückstände. Werte von 26 und größer bedeuten, daß die Rückstände nach dem Erkalten nicht mehr aggressiv sind und deshalb nicht unbedingt entfernt werden müssen. SW32 enthält weniger Aktivator und beizt weniger als SW26. Wenn die Bauelemente oder Platinen länger als ein Jahr gelegen haben, kommt man mit SW26 meist besser zurecht. Auf keinen Fall sollte man für die Herstellung elektronischer Bauruppen Lötfett (z.B: F-SW21) oder säurehaltige Flußmittel (z.B. F-SW11) verwenden!

Die Flußmittel werden heute in der Norm DIN EN 29454-1 (ISO 9454-1) nach ihrer Zusammensetzung klassifiziert. Die Bezeichnungen wie F-SW32 entstammen der alten, nicht mehr gültigen DIN 8511. Sie werden aber häufig noch angegeben, weil die Bezeichnungen eben eingängiger sind.

Zuordnung der Flußmitteltypen:

DIN 8511 DIN EN 28454-1 Inhaltsstoffe
F-SW26 1.1.2. Kolophonium, mit Halogenen
F-SW32 1.1.3. Kolophonium, ohne Halogene
F-SW34 2.2.3. Nicht wasserlösliche, organische
Verbindung, ohne Halogene

Eine Übersicht über die Zuordnung und die Zusammensetzung der verschiedenen Flußmittel findet sich bei der Fa. Stannol:

Tips und Beobachtungen

Kalte Lötstellen kann man am besten verhindern, indem man die Kontaktzeit der Lötkolbenspitze mit dem Lot möglichst kurz hält. Also einfach schnell arbeiten. Lötkolben mit großer Leistung (50-80W) sind in der Lage bei Kontakt mit dem Bauelement sofort die nötige Wärme nachzuschieben. Nach meiner Erfahrung sollte die Spitze so kurz und dick sein, wie es für die Arbeiten noch möglich ist. (Hohe Wärmekapazität und gute Wärmeleitung zum Heizelement.)

Dauerlötspitzen werden von kupferhaltigem Lot angegriffen. Ersa empfiehlt ausdrücklich kein Lötzinn mit Kupfer-Zusatz (Sn60Pb38Cu2) zu verwenden. Weiterhin steigt die Lebenserwartung von Lötspitzen deutlich an, wenn sie immer mit Zinn benetzt sind. Man sollte den Lötkolben also immer mit den Zinnresten in die Ablage legen und erst vor der nächsten Lötstelle am feuchten Schwamm abwischen.

Zur Reinigung der Spitze hat sich hier seit einiger Zeit auch ein "Metallschwamm" bewährt. Das ist ein Knäuel aus groben Metallspänen, wie sie auch als Topfreiniger verkauft werden. Die Wirkung ist überzeugend und man muß kein Wasser mehr nachgießen. Die Edelausführung mit Tischständer gibt es bei ELV (Artikel-Nr.: 68-397-65) oder bei Reichelt (Artikel: CLEANER 460A).

Das Flußmittel hat die Aufgabe die Oxidationsschicht der Metalle aufzulösen. Gleichzeitig verhindert es eine Oxidation des flüssigen Lotes. Benötigt man mehr Flußmittel, z.B. für große Anschlußfahnen und Buchsen, kann man Kolophonium nehmen (Geigenharz). Kolophonium ist eine schwache Säure, wird bei 70°C weich und ist bei 130°C flüssig. Einfach kurz die Lötkolbenspitze reinstecken. Das ist wahrscheinlich technisch nicht ganz korrekt, geht aber gut.

Wenn die Flußmittelrückstände stören, kann man sie meistens mit Brennspiritus, Alkohol, Benzin, Isopropanol oder einem professionelleren Lösungsmittel auflösen. (Der Spiritus von der Fa. Velind Chemie GmbH, grüne runde Plastikflasche, orange-farbener Deckel, stinkt nicht so sehr nach Vergällungsmittel wie die anderen.) Ist das Kolophonium (engl. rosin) beim Löten deutlich dunkel geworden, so sollte man es sofort abkratzen, solange es noch warm ist. Alles andere ist nachher schwierig. Eine Reinigung sollte ohnehin zeitnah erfolgen, weil die Rückstände offenbar aushärten. Vor dem Waschen ist unbedingt sicherzustellen, daß alle Bauelemente waschdicht sind und sich nichts auflöst. Häufig bleiben trotz Waschen mit Alkohol weiße Rückstände aus zersetztem Kolophonium auf der Platine zurück. Nach meinen Erfahrungen läßt sich das vermeiden, indem man die Platine erst in Spiritus und dann in Wasser mit etwas Spülmittel reinigt. Die wissenschaftliche Behandlung der Rückstände finden Sie hier:

Elektrische oder chemische Notwendigkeiten für das Abwaschen der Flußmittelrückstände gibt es wohl nicht mehr. Sie verhalten sich neutral und greifen die Materialien nicht an. In der Serienfertigung werden Elektronikbaugruppen in der Regel nicht gereinigt.

Nach meiner Beobachtung und den Erfahrungen einiger Kollegen hat in letzter Zeit die Lebensdauer der Lötkolbenspitzen erheblich abgenommen. Ich verwende Weller. Zwei denkbare Erklärungen:
In den inzwischen ja häufig bleifreien Anschlüssen der Bauelemente sind heute andere Metalle enthalten als früher. Die resultierenden Legierungen in der Diffusionszone sind aggressiver geworden.
Ich vermute, daß die Hersteller der Lötkolben im Vorwege der Umstellung auf bleifreies Lot die Legierung in den Oberflächen der Spitzen schon mal angepaßt haben. Das neue Material verträgt sich evtl. nicht mehr so gut mit dem bleihaltigen Lot.

Für die Handlötung von SMD-Bauelementen verwende ich lieber einen Lötdraht mit sehr viel (3,5%) Flußmittel. Die Anwendung von gesondertem Flußmittel wie z.B. "Fl 88 Fluxi" von Edsyn hinterläßt m.E. zu viele Rückstände.

Vergleich handelsüblicher Lote

Der Kommentar und die Bewertung stellt meine persönliche, sehr subjektive Meinung dar. Die Ergebnisse sind auch nur bedingt reproduzierbar und hängen u.a. von der Oberflächenbehandlung und Lagerzeit der Platine ab.

Legierung Flußm. Anteil Marke Bew. Ø Kommentar
Sn60Pb401.1.2. SW262,5% Stannol HS10++0,7mm Sehr gute Verarbeitung. Gibt auf leicht korrodierten Platinen die besten Ergebnisse aller Lote
Sn60Pb38Cu21.1.3. SW323,5% Stannol HF32++1mm Sehr gute Verarbeitung, vgl. Clatin, leider nur 1mm lieferbar
Sn60Pb401.1.3. SW321% Stannol HF32-SMD++0,5mm/ 0,7mm Sehr gute Verarbeitung, etwas wenig Flußmittel aber hervorragend für SMD ohne sichtbare Rückstände
Sn60Pb40?? Multicore++1mm Ganz alt! Steht drauf: Alloy: 60/40, BS219, Grade KP und Type: 5 Core, 362 Flux, DTD 599A, BS441, Class 5A, Grade 3, was wahrscheinlich auch nicht weiterhilft.
Sn60Pb36Cu2SW323,5% Clatin++0,5mm Sehr gute Verarbeitung, etwas mehr Rückstände. Meint wohl Pb38, sonst fehlen mir zwei Prozent. Die Firma ist nicht mehr existent! :-(
Sn60Pb40SW321,4% Ersa 4if14++0,5mm 4IF140.5-0500 (Typ, Durchmesser - Gewicht).
Sn60Pb??Cu2SW26? amasar+0,5mm Brauchbares Mittelding, Flußmittelanteil unbekannt.
Sn60Pb38Cu2?? fixpoint+0,56mm Reichelt BestNr. "Lötzinn 0,5mm", geht ganz gut.
Sn63PbAg1.4Sw321,5% Edsyn SS653+0,5mm Reichelt BestNr. "Lötzinn AG 0,507". Keine merkliche Verbesserung, dafür aber zu teuer.
Sn60Pb38Cu2SW34? Edsyn SU5250o (++)0,5mm Reichelt BestNr. "Lötzinn 34-0,525", umweltfreundlicher Lötdraht. Etwas zu trocken, matte Lötstellen, riecht seltsam.
Sn60PbCu2SW321,5% a.g. Typ AS-0,5mm Wenig Rückstände, zu wenig Flußmittel, zieht Nasen.
Sn60PbSW321,5% a.g. Typ AS--0,5mm Wenig Rückstände, zu wenig Flußmittel, zieht Nasen, rauhe Lötstellen.

Anregungen und Kritik sind unbedingt erwünscht: info@elektrik-trick.de